OPUS  Verlag
 

Home

Autoren

Bestellung

Impressum

 

 

 

 

 

 
Longchen Rabjam / Longchenpa / Tulku Thondup



Buddha-Natur

Dzogchen in der Praxis



576 Seiten, € 39,95

ISBN 978-3-9807536-6-1


 

     

Dieses Buch ist nicht im Buchhandel erhältlich und kann nur direkt über die OPUS Verlagsbuchhandlung bestellt werden.

 

   

Zum Erscheinen des Buches "Buddha-Natur" führte der Übersetzer Karl Antz ein Interview mit Tulku Thondup Rinpoche im August 2010
 

KA: Können Sie die Bedeutung von Kunkhyen Longchen Rabjam für die Nyingma-Tradition und besonders für die Dzogchen-Linien erläutern?

TT: Kunkhyen Longchen Rabjam (KLR) war einer der größten asketischen Einsiedler und hervorragenden Gelehrten der tibetisch-buddhistischen Welt. Vor allem machte er durch seine weithin berühmte Gelehrsamkeit und seine umfangreichen Werke – mehr als 200 Abhandlungen – fast im Alleingang die außergewöhnlichen Lehren der drei inneren Tantras des Dzogpa Chenpo zukünftigen Anhängern zugänglich. Gemeinsam mit Sakya Pandita und Je Tsongkhapa gilt er als einer der drei tibetischen Manjushris (Buddha der Weisheit).

Vor allem sind viele seiner Schriften zu Dzogpa Chenpo nicht nur tiefgründige gelehrte Darlegungen – sie besitzen einzigartige Qualitäten. Weiß man, wie man sie mit offenem Sinn liest, so hört und fühlt man ein grenzenloses Tosen natürlicher Wogen – Wogen der angeborenen Kraft des immanenten Gewahrseins des eigenen Bewusstseins. Könnte man diese Weisheitswogen spontan strömen lassen, könnte sich das eigene Bewusstsein natürlich in die grenzenlose ozeangleiche erwachte Weisheit des KLR auflösen.

KA: Inwieweit sind heute, da viele Belehrungen zu Dzogpa Chenpo von jetzt lebenden Meistern zugänglich sind, KLRs Schriften immer noch relevant?

TT: Das Ziel des Buddhismus ist die Verbesserung der Lebens- und Bewusstseinsqualität Aller; das Ziel von Dzogpa Chenpo ist das Erwachen der reinen Natur des Geistes – der Buddhaschaft. Sicher – Gewohnheiten und Kultur der Menschen ändern sich im Lauf der Zeit; die tatsächlichen Qualitäten und die wahre Natur des Bewusstseins ändern sich aber niemals. Also sind KLRs Schriften über Dzogpa Chenpo auch heute noch relevant und werden es bleiben. Kann man auch nur wenige Zeilen aus einigen seiner Schriften mit entspanntem und offenem Geist lesen, werden sie das Herz öffnen und es auf einer tieferen Ebene erblühen lassen. Dann spielt es keine Rolle, in welchem Jahrhundert man lebt.

KA: Welche Bedeutung haben Texte wie die verschiedenen Arten von Schriften des KLR in Bezug auf Dzogpa Chenpo? Wie sollte man sich ganz allgemein als Leser und ernsthafter Praktizierender den verschiedenen Arten von Texten nähern?

TT: Hier sind zwei Punkte zu bedenken. Zunächst einmal muss man wissen, dass Dzogpa Chenpo der Gipfel aller buddhistischen Belehrungen ist; will man es also praktizieren und sein Ziel erreichen, muss man allgemeine Belehrungen, die zu diesem Gipfel führen, studieren und praktizieren – so wie man Treppen benutzt, um zum Penthouse zu kommen. Die Dzogpa Chenpo-Verwirklichung ist instantan, augenblickshaft; will man aber diese Stufe der Verwirklichung erreichen, muss man die allgemeinen Belehrungen allmählich üben – es sei denn man ist ein Tulku (Emanation) eines bereits Erwachten.

Zum andern haben verschiedene Menschen unterschiedliche Arten mentaler und karmischer Dispositionen und Bedürfnisse. Das Ziel mag also dasselbe sein – soll es erreicht werden, benötigen verschieden geartete Menschen aber unterschiedliche Arten des Übens, je nach den Anforderungen ihres geistigen Wegs. Will man den Gipfel eines Bergs erreichen, sollte man jeweils die angemessene Art des Reisens benutzen – ob das nun Fliegen, Fahren, Radfahren oder Gehen ist.

KA: Die Anthologie enthält Beispiele aus den verschiedenen Arten von Schriften des KLR – von gelehrten philosophischen Abhandlungen bis hin zu poetischen Beschreibungen des Dzogpa Chenpo. Können Sie die Gründe für Ihre Textauswahl und die verschiedenen von Ihnen ausgewählten Arten von Texten beschreiben?

TT: Anfänglich war es keineswegs meine Hauptabsicht bei dieser Auswahl aus KLRs Schriften über verschiedene Sachbereiche, eine Anthologie oder Beispielsammlung seiner Schriften zu erstellen.

Hier wäre eine kleine Geschichte zu erzählen. Als ich in den Siebziger Jahren in den Westen kam, hörte ich die Aussage einiger Menschen, dass Termas (tib. gTer Ma oder gTer; die Belehrungen, die Guru Padmasambha durch seine mystische Kraft entdeckte) nur Entdeckungen oder Ideen seien, die durch einfache psychische oder geistige Kraft ins Bewusstsein kommen. Also übersetzten wir einen originalen Text des bekannten Gelehrten, des Dritten Dodrupchen, über Terma und veröffentlichten ihn als Hidden Teachings of Tibet (Wisdom Publications, 1996) [deutsch: Die verborgenen Schätze Tibets, Zürich-München: Theseus 1994]. Viele westliche Studierende sagten mir, dass dieses Buch ihnen half, den Weg in die ganze Weite der Terma-Tradition des Nyingma zu finden.

Entsprechend sah ich einige Kommentare zu Dzogpa Chenpo, die etwa besagten: „Dzogpa Chenpo ist keine buddhistische Lehre.“ „Will man es praktizieren, benötigt man keine allgemeine buddhistische Übungsweisen.“ „In Dzogpa Chenpo sind keine Pfade und Stufen zu erlangen, wie das in dem Mahayana-Lehren der Fall ist.“ Also traf ich mit Harold Talbotts editorischer Hilfe eine Auswahl aus Schriften des KLR über Dzogpa Chenpo, um ernsthaften Studierenden die Gelegenheit zu bieten, die tatsächlichen Worte des größten Meisters auf diesem Gebiet zu lesen.

Des weiteren sind beispielsweise KLRs mit erstaunlicher poetischer Anmut verfassten Schriften über die bezaubernde Schönheit der Natur nicht nur Dichtkunst; sie sind vielmehr Wege, die uns erlauben, die Natur der Natur – den ultimativen Frieden und die letztendliche Offenheit – direkt oder indirekt zu erfahren.

KA: Können Sie etwas zu Ihrer eigenen Beziehung zu KLR und seinen Schriften sagen?

TT: Ich wurde in einer Gemeinschaft geboren, die KLR und Rigdzin Jigme Lingpa sowie ihren Schriften hingegeben war. Schon früh in meinem Leben hatte ich das große Glück, in KLRs Schriften eingeführt zu werden. Später hatte ich als Student an der berühmten Unterrichtsinstitution des Klosters Dodrupchen in Ost-Tibet Gelegenheit, gelehrte Texte aus verschiedenen buddhistischen Traditionen Tibets zu studieren; doch meine Hingabe an die Schriften des KLR zu Dzogpa Chenpo wuchs stärker und war wichtiger als diese. Zwar fühle ich, dass ich nur ein Anfänger in der Linie der Belehrungen des KLR bin; doch meine Hingabe – die Energie von Freude und Vertrauen – in diese Belehrungen wuchs ohne Ende.

KA: Seit dem ersten Erscheinen dieser Anthologie in englischer Sprache sind mehrere Jahrzehnte vergangen. Wie betrachten Sie die Entwicklung des Dzogpa Chenpo im Westen seit damals? Was ist Ihrer Meinung nach notwendig, soll Dzogpa Chenpo tiefere Wurzeln im Westen schlagen?

TT: Wunderbarerweise sind die Dzogpa Chenpo-Lehren heute für viele westliche tibetische Buddhisten eine gut bekannte Meditationstradition. Es gibt hervorragende Lehrer und Studierende wie auch kostbare Bücher. Doch hat die Popularität dieser Belehrungen, wie das auch in allen anderen Bereichen der Fall ist, ihren Preis. Manche überkluge Personen lehren oder schreiben über Erfindungen ihrer eigenen intellektuellen Ideen, als seien diese wahres Dzogpa Chenpo. Andere sind übereifrig, die tiefgründigen Belehrungen auf Herz und Nieren zu untersuchen, obwohl sie die Essenz nie schmeckten. Dennoch hoffe ich, dass sich die meisten Studenten mehr auf einsiedlerische Meditatoren und traditionelle Belehrungen verlassen, die aus der erwachten Natur des Geistes entstanden sind – der erleuchteten Weisheit.

KA: Es heißt manchmal, die Dzogpa Chenpo-Belehrungen seien für die heutige Zeit besonders relevant. Warum könnte das so sein?

TT: Heute haben Menschen wenig Zeit; viele sind aber freigeistiger, aktiver und gebildeter. Mögen sie also, wenn sie denn ihr freies Denken, ihre aktive Energie und ihr gut informiertes Bewusstsein dem Ersteigen des notwendigen Pfades widmen, rasch und binnen kurzem in die große Weite der ursprünglichen Natur durchbrechen – dank des kurzen Pfades, den Dzogpa Chenpo bietet.

KA: Ich danke Ihren für dieses Interview
 

 



 

    Inhaltsverzeichnis:

Vorwort zur deutschen Ausgabe
Vorbemerkung des Übersetzers
Epigraphe
Zur Struktur des vorliegenden Buches
Vorwort

Erster Teil
Einführung
Unterscheidungen zwischen Sūtra und Tantra
Definition der Tantras (rgyud)
Sektionen des Tantra
Verschiedene Klassen von Lehren des Tantra
Die Entwicklungs- und die Vollendungsstufe des Tantra

Die drei äußeren Tantras
   (A) Kriyāyoga (bya-rgyud)
   (B) Carāyoga oder Upayoga (spyod-rgyud)
   (C) Yogatantra (rnal-'byor rgyud)
Unterschiede zwischen äußeren und inneren Tantras
Unterschiede zwischen den drei inneren Tantras
Unterteilungen der drei inneren Tantras
Quellen der vorrangigen tantrischen Schriften
Einige vorrangige tantrische Schriften der drei inneren Tantras

Die drei inneren Tantras
   (A) Mahayoga (rnal-'byor chen-po)
   (B) Anuyoga (rjes-su rnal-'byor)
   (C) Atiyoga (shin-tu rnal-'byor)
Drei Sektionen von Atiyoga
   (A) Semde
   (B) Longde
   (C) Menngagde
Überlegenheit von Menngagde gegenüber den zwei vorherigen Sektionen
Die Sichtweise von Menngagde
Unterteilungen von Menngagde
Meditation von Menngagde
Unterteilungen der Meditation von Menngagde
Erlangung der Pfade und Stufen des Dzogpa Chenpo
Erlangungen der Reifung zum Zeitpunkt des Todes
Dzogpa Chenpo und andere Yānas und Traditionen
Alle Yanas und Übungsweisen sind Stufen auf dem Weg zu Dzogpa Chenpo
Unterschiede zwischen den Lehren der zwei Drehungen des Rades
Ziel des Dzogpa Chenpo ist die Erlangung der Buddha-Essenz
Dzogpa Chenpo gründet sich auf das Zweite Drehen des Rades
Die Buddha-Essenz, wie sie in sūtrischen Yānas gelehrt wird
Überlegenheit der Buddha-Essenz, wie sie im Dzogpa Chenpo gelehrt wird
Unterscheidung zwischen der Buddha-Essenz von Dzogpa Chenpo und der von Yogācārya
Unterschiede zwischen Dzogpa Chenpo und Madhyamaka
Das einzigartige Merkmal von Dzogpa Chenpo
Nyingma und Bön
Dzogpa Chenpo und Hashang Mahāyāna
Auszüge aus den Leben mehrerer Dzogpa Chenpo-Meister zur Illustration der Übungspfade im Dzogpa Chenpo
Einige alte Dzogpa Chenpo-Meister
In Gyalwé Nyuku verursuchte Hingabe die Verwirklichung
Tugenden entwickeln sich in denen, welche Dzogpa Chenpo-Erfahrungen haben
Nyoshul Lungtog erlangte die Verwirklichung augenblicklich
Paltrul erlangte die Verwirklichung durch die yogische Kraft des Lehrers
Die Wichtigkeit ernsthaften Übens
Die Wichtigkeit, sich auf authentische Schriften zu verlassen
Vorsicht vor der Überwältigung durch bestimmte mystische Erfahrungen
Ein aufrichtiges Bewusstsein ist besser als viele so genannte hohe Verwirklichungen
Dodrupchens Testament und Übertragung zur Stunde seines Todes
Wundersame Zeichen zur Zeit des Todes von Konme Khenpo
Sodnam Namgyal erlangte den Regenbogenkörper
Yukhog Chatralwa, ein großer Dzogpa Chenpo-Lehrer
Kunkhyen Longchen Rabjams Lebensbeschreibung

Zweiter Teil
Zusammenfassung der einzelnen Kapitel

Sichtweise (Grundlage)
  1. Wie Samsara und Nirvana als „Die Erscheinungen der Grundlage“ aus der „Grundlage“ entstanden
  2. Das Karma samsarischer Handlungen, die Ursache des Umherirrens von Wesen im trügerischen Samsara
  3. Das Karma befreiender Tugenden, das Mittel der Befreiung aus Samsara
  4. Philosophische Sichtweise phänomenhafter Gegebenheiten

Meditation (Pfad)
  5. Meditation über die Bedeutung der Sichtweise
  6. Siebenundzwanzig Übungsverläufe in Dzogpa Chenpo
  7. Der natürlich befreite Geist, die Große Vollendung
  8. Instruktionen zur Meditation über den natürlich befreiten Geist, die Große Vollendung
  9. Übungen und Erlangungen der fünf Pfade des Mahāyāna
10. Übungen und Erlangungen von Pfaden und Stufen im Tantra
11. Erlangung der Pfade, Stufen und Visionen von Dzogpa Chenpo

Ergebnis (Frucht)
12. Erlangung des Ergebnisses – der Buddhakörper und der ursprünglichen Weisheiten der Buddhaschaft – in Mahāyāna-Sūtras und -Tantras
13. Die Buddhakörper und die ursprünglichen Weisheiten im Dzogpa Chenpo

Anhang
Glossar
Bibliografie der zitierten Werke
Namen- und Sachverzeichnis